Ein gemeinnütziger Verein hat zeitnah seine Mittel für den Vereinszweck zu verwenden, um nicht in einen Konflikt mit der Abgabenordnung und dem Finanzamt zu kommen. Welche Ausnahmen es gibt und wie ihr in Eurem Verein dennoch Geld für größere Aufgaben und Projekte zurücklegen könnt, erfährst Du nun in diesem Artikel.
Die Gemeinnützigkeit eines Vereins ist gerade auch aus steuerlichen Gründen an Bedingungen geknüpft. Dazu gehört, dass der Verein seine Mittel zeitnah zu verwenden hat (§55 AO). Und das natürlich für satzungsgemäße Zwecke. Dem Verein ist also das Ansammeln von Kapital so erst einmal nicht gestattet. Aber es gibt hier Ausnahmen, die es Deinem Verein ermöglichen zweckgebundene Rücklagen zu bilden.
Im Bereich der Rücklagenbildung hat es in den letzten Jahren durch das Ehrenamtsstärkungsgesetz seit 2014 ein paar Änderungen gegeben. Diesen Themenbereich spiegelt nun der §62 AO (Rücklagen und Vermögensbildung) wieder.
Dieses Thema Rücklagen ist insbesondere auch dann interessant, wenn es Deinem Verein in einem Jahr nicht gelingt die Überschüsse für satzungsgemäße Zwecke zeitnah zu verwenden.
Wann werden Mittel zeitnah verwendet?
Die zeitnahe Mittelverwendung wird durch Deinen Verein gewährleistet, wenn die Mittel spätestens 2 Kalenderjahre/Wirtschaftsjahre nach dem Zufluss in den Verein verwendet werden. Um ein konkretes Beispiel zu benennen, müsst ihr Mittel, die 2016 dem Verein zugeflossen sind bis Ende 2018 ausgegeben haben.
Welche Ausnahmen gibt es zur zeitnahen Mittelverwendung?
Der §62 AO (Abgabenordnung) regelt das Thema Rücklagen und Vermögensbildung. Dabei gestattet er Rücklagen, die dem steuerbegünstigtem satzungsgemäßen Zweck dienen. Er gestattet Betriebsmittelrücklagen für wiederkehrende Ausgaben und er gestattet Rücklagen zur Pflege des Vereinsvermögens.
Betriebsmittelrücklagen
Für periodisch wiederkehrende Ausgaben (wie Mieten, Gehälter, usw.) können Betriebsmittelrücklagen in Höhe des Bedarfes für einen angemessenen Zeitraum zurückgelegt werden. Das sollte den Bedarf eines ganzen Jahres nicht überschreiten.
Freie Rücklage
Für Deinen Verein besteht auch die Möglichkeit freie Rücklagen zu bilden. Dieses ist sinnvoll, wenn ihr in einem Jahr Überschüsse erzielt habt. Freie Rücklagen unterliegen, wie diese Bezeichnung vermuten lässt, keinem bestimmten Zweck und keiner bestimmten zeitlichen Beschränkung. Diese Art der Rücklage ist allerdings nur bis zu bestimmten Grenzen hin zulässig.
Gewinne aus dem Zweckbetrieb liegen bei den allermeisten Vereine ja tatsächlich häufig nicht vor, da die satzungsgemäße Aufgabe doch in der Regel mehr Aufwendungen als Einnahmen produziert.
Überschüsse aus der Vermögensverwaltung können jährlich bis zu einem Drittel zurückgelegt werden. Andere Überschüsse können jährlich bis zu 10% in die freie Rücklage fließen. Das sind also dann 10 % der Gewinne jeweils aus wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb, Gewinne aus dem Zweckbetrieb, aus Spenden, aus Mitgliedsbeiträge und Zuschüssen.
Ist der Höchstbetrag für die Bildung der freien Rücklage in einem Jahr nicht ausgeschöpft, kann diese unterbliebene Zuführung in den folgenden zwei Jahren nachgeholt werden.
Wiederbeschaffungsrücklage
Um dem gemeinnützigen Verein Ersatzbeschaffungen von Wirtschaftsgütern zu ermöglichen, sind Rücklagen in Höhe der Abschreibungssätze möglich.
"Als ich jung war dachte ich, dass Geld das Wichtigste im Leben ist und nun, da ich alt bin, weiß ich es." Oscar Wilde
Zweckgebundene Rücklagen
Wenn Euer Verein ein satzungsgemäßes Vorhaben plant, darf er projektgebundene Rücklagen bilden, um eine konkretes Vorhaben finanzieren zu können. Wichtig ist aber, dass das Projekt auch tatsächlich durchgeführt werden soll. Und die finanzielle Gesamtsituation sollte natürlich auch derart sein, dass dieses Vorhaben auch in angemessener Zeit durchgeführt werden kann.
Die Kosten solcher Projekte (wie der Bau eines Vereinsheimes o.ä.) können durch Angebote glaubhaft dargelegt werden, oder wenn Grundstücke bereits erworben oder Bauanträge gestellt wurden.
Sollte der Zweck dieser Rücklage entfallen, so ist sie unverzüglich aufzulösen.
Vermögensrücklage
Der Verein kann Zuwendungen erhalten, die ebenfalls nicht der zeitnahen Mittelverwendung unterliegen. Dazu gehören Sachzuwendungen, wie Gebäude und Grundstücke, die zum Vermögen gehören. Dazu gehören ebenfalls Zuwendungen, die der Verein aufgrund von Spendenaufrufen zur Vermögensaufstockung (das muss dabei bekannt gemacht werden) erhält. Oder auch zweckgebundene Spenden und Zuwendungen zur Erhöhung des Vermögens. Im Weiteren fallen auch Erbschaften in diese Kategorie.
Wie errechnen sich die Rücklagen nun konkret?
Im Rahmen der Vermögensverwaltung hat unser Beispielverein „TSV Musterort“ Einnahmen aus Mieten (9.000 Euro) und Zinseinnahmen (1.000 Euro). Aus den 10.000 Euro kann vereinsseitig also eine freie Rücklage von 1/3 (3.333 Euro) gebildet werden.
Bei den sonstigen Einnahmen können jeweils 10% für eine freie Rücklage genutzt werden. Wenn also beispielsweise 10.000 Euro Mitgliedsbeiträge vorliegen, dazu Spenden von 2.000 Euro und die Vereinsgaststätte erwirtschaftet einen Gewinn von 8.000 Euro, können von diesen insgesamt 20.000 Euro also 2.000 Euro in die freie Rücklage fließen.
Welchen Dokumentationspflichten unterliegt Dein Verein dabei?
Für das Finanzamt ist die Bildung von Rücklagen sauber zu dokumentieren. Dazu gehören die Mittel die der Rücklage zugeführt werden, genauso wie die Auflösung der Rücklagen. Dies muss für das Finanzamt nachvollziehbar sein. Dazu sollte auch dargelegt sein, aufgrund welcher Voraussetzungen diese Rücklagen gebildet wurden.
Rücklagen sind in einer Vermögensübersicht (wenn notwendig hier auch in einer Nebenrechnung) aufzuführen. Eine Kontrolle muss hier zu jeder Zeit und ohne großen Aufwand möglich sein.
Was hat Dein Verein noch zu beachten?
Erhält Dein Verein öffentliche Zuschüsse oder Förderungen, ist die Bildung von Rücklagen damit auch eingeschränkt. Insbesondere die Bildung von Rücklagen aus diesen Zuschussmitteln ist untersagt.
Bei Projektrücklagen ist es wichtig, dass ohne sie die steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke nicht ausreichend erfüllt werden können. Bei Sportvereinen kann dieses der Bau von Sportanlagen sein, bei Musikvereinen die Durchführung einer großen Musikveranstaltung, etc.
Zusammenfassend ist noch einmal besonders wichtig, dass im Verein keine Mittel angesammelt werden dürfen, ohne dass die Voraussetzungen des §62 der Abgabenordnung (Rücklagen und Vermögensbildung) erfüllt werden. Nur wenn die Mittel des Vereines ansonsten zeitnah für steuerbegünstigte Zwecke verwendet werden, gilt die Geschäftsführung des gemeinnützigen Vereines als ordnungsgemäß!
Ein paar praktische Buchtipps zur Vertiefung um Stolperfallen zu vermeiden, das Thema Steuern und Verein zu beherrschen und aber auch zur Buchhaltung für Vereine findest Du hier:
Der Verein ist im Nonprofit-Sektor nach wie vor die beliebteste Rechtsform. Andererseits ist die Handhabung der Rechtsform Verein aber an verschiedenen Stellen für die Verantwortlichen fehleranfällig und schwierig. Dies umso mehr, wenn zu der Rechtsform Verein noch die Gemeinnützigkeit kommt. Jörg Ammon zeigt in der 2. Auflage seines erfolgreichen Buches „Stolperfalle Verein“ praxisnah und verständlich, wie Sie sicher mit der Rechtsform Verein, auch und gerade in Kombination mit der Gemeinnützigkeit umgehen und Stolperfallen vermeiden. Neben den zivilrechtlichen Grundlagen widmet er sich ausführlich den Grundlagen der Gemeinnützigkeit. Auch das Thema der steuerbegünstigten Freibeträge Übungsleiterfreibetrag und Ehrenamtspauschale werden ausführlich behandelt.
Wer im Verein ehrenamtlich Verantwortung trägt, sieht sich in vielen Bereichen mit dem Steuerrecht konfrontiert. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen werden immer unübersichtlicher. Ein erheblicher zeitlicher Aufwand, der an sich dem Ehrenamt gewidmet sein sollte, muss für die Aus- und Fortbildung geopfert werden. Dieser Problematik trägt der vorliegende Ratgeber „Vereine und Steuern: Rechnungslegung, Besteuerungsverfahren, Gemeinnützigkeit, Spenden, Ehrenamt“ zur Vereinsbesteuerung Rechnung. Die Darstellung der steuerlichen Vorschriften wurde auf die Grundzüge der aktuellen Vereinsbesteuerung beschränkt.
Das Buch „Buchhaltung für Vereine: Einführung – Praxislösungen – Kontierungslexikon zum DATEV Vereinskontenrahmen“ bietet eine auch ohne kaufmännische Vorkenntnisse verständliche Einführung in die Buchführung in gemeinnützigen Vereinen, die Grundzüge der Vereinsbesteuerung und den steuerlichen Jahresabschluss. Ausgehend von einfachen Buchungen auf Bestandskonten werden, über Aufwands- und Ertragsbuchungen bis hin zu Lohnbuchungen, alle wichtigen Buchungsfälle systematisch dargestellt. Ein Steuer- und Kontierungslexikon, das für alle wichtigen Geschäftsvorfälle Buchungssätze und die steuerliche Behandlung der Geschäftvorfälle auflistet, komplettiert die systematische Darstellung und dient zum Nachschlagen.
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Ich muss die Steuer machen. Gut zu wissen, dass es verschiedene Arten von Rücklagen gibt. Am besten hilft mir ein Steuerberater.